Dokumentation Krieg ohne Grenzen.

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Regina Schwarz

Themenbereiche

Ungleichheit / Soziale Kämpfe, International / Transnational

"Die gemeinsame Logik von Globalisierung, Krieg und Sozialabbau"

Die Publizistin und politische Aktivistin Regina Schwarz stellte beim Linken Forum Thesen zum weltumspannenden neoliberalen „Kriegssystem“ vor, die die feministische Vordenkerin Maria Mies vor einigen Jahren in dem Buch „Krieg ohne Grenzen“ formuliert hat. Schwarz war jahrelange Mitstreiterin und Weggefährtin der renommierten Kölner Soziologieprofessorin, die aus Krankheitsgründen nicht selbst nach Paderborn kommen konnte.

Unter „Kriegssystem“ sei ein umfassender Zusammenhang zu verstehen, der auch in Friedenszeiten die Wirtschaft, die Wissenschaft und praktisch den Alltag bestimme. In einer globalisierten Welt respektiere ein solches System keine räumlichen, zeitlichen und kulturellen Grenzen. Mittels so genannter „humanitärer Interventionen“ werde heute die „Öffnung aller Länder für den kapitalistischen Markt und für westliche Konzerne“ betrieben, machte Schwarz deutlich.

Dabei widersprächen sich Demokratie und Freihandel diametral, denn die Konzerne dulden keine Einschränkung ihrer Macht. „Neue Regelungen etwa zum Arbeitsrecht oder Umweltauflagen infolge von Wahlen stören den Freihandel“. Ein Heer von Lobbyorganisationen diene zur Manipulation der Politik in der gewünschten Richtung. Der Aufwand mächtiger Industrieorganisationen zur Abwehr demokratischer Willensbildung auch mit Mitteln der Bestechung sei beträchtlich: Schätzungsweise 25.000 Lobbyisten mit einem Jahresbudget von 1,5 Milliarden Euro nähmen zum Beispiel in Brüssel Einfluss auf die EU-Institutionen.

Flankiert werde die neoliberale Globalisierung durch einen „Kreuzzug der Medien“, wie ihn der investigative Journalist John Pilger genannt habe. Teil der Gehirnwäsche der Bürgerinnen und Bürger sei die Neubesetzung eingewöhnter Begriffe: Sozialabbau firmierte als „Reform“, „Kriege“ würden mit Interventionen übersetzt, Kriegstote erhielten die Bezeichnung von „Kollateralschäden“. Schwarz beklagte: „Kritischer Journalismus wird zunehmend ausgeschaltet, die Reihe von Propagandalügen über Kriegsgründe ist schier endlos“.

Die betroffene Bevölkerung und insbesondere die Frauen lehnten die “humanitären“ Kriegseinsätze durchweg ab. Frauenorganisationen wie WLUML (Women living under Muslim Law) und Rawa (Revolutionary Association of Women of Afghanistan) wollten keine Militärschläge gegen ihre Länder. Stattdessen erstrebten sie internationale Frauensolidarität für ihre Anliegen. Dazu gehöre auch die Akzeptanz von landestypischen Gebräuchen wie dem Tragen eines Kopftuchs. „Wieso ist der Tschador frauenfeindlicher als die Entblößung der Frauen in Werbung und Pornografie in Industrienationen?“ frage Schwarz.

Durch die Militärschläge westlicher Industrieländer werde keiner Frau geholfen. Im Gegenteil sei es wichtig, dass mehr und mehr Menschen, die den Frieden erstrebten, bereits jetzt damit anfingen, eine andere Wirtschaft und Politik, eine andere Demokratie und eine andere Wissenschaft mitten in der alten Welt aufzubauen.

Carsten Schmitt / Linkes Forum Paderborn