Volker Eichstedt, der am 22. Oktober 2019 verstorben ist, gehörte zu den frühen Mitarbeitern des im November 1990 gegründeten Vereins Gesellschaftsanalyse und Politische Bildung e.V., der späteren Rosa Luxemburg Stiftung. Bevor die Stiftung 1999 erstmals Bundesmittel wie die anderen politischen Stiftungen erhielt und dann auch den neuen Hauptnamen «Rosa Luxemburg Stiftung» annahm, ohne den bisherigen aufzugeben, wurde sie in erster Linie durch ehrenamtliches Engagement und Projektstellen getragen. Eine solche SAM-Stelle (Strukturanpassungsmaßnahme) übte Volker Eichstedt zunächst aus, ehe er anschließend in eine reguläre Stelle in der RLS übernommen wurde, die er bis zu seinem Renteneintritt 2006 ausfüllte.
Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehörte von Anfang an die Bildungspolitik. Er identifizierte sich mit dem in der Stiftung entwickelten Ansatz in der politischen Bildung, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu ermutigen, sich eigene Standpunkte zu gesellschaftlichen Problemen zu erarbeiten und dafür Angebote zu unterbreiten. Seine journalistischen Kenntnisse – er war rund ein Vierteljahrhundert lang hauptberuflich Redakteur gewesen, zuletzt bis 1989 als stellvertretender Chefredakteur der Berliner Zeitung – bereicherten die Arbeit der Stiftung ebenso wie sein umfangreiches Allgemeinwissen und seine Diskussionsfreudigkeit. In inhaltlichen Diskussionen und Auseinandersetzungen verhielt er sich konstruktiv, sachlich und engagiert.
Volker Eichstedt koordinierte auch nach seinem Ausscheiden aus der RLS noch einige Zeit ehrenamtlich den Gesprächskreis Bildungspolitik. Er hinterließ dabei aufgrund seiner Kompetenzen, aber auch seiner Erfahrungen in und mit der Stiftung und ihren vielfältigen Akteurinnen und Akteuren, eine Lücke, die erst nach mehreren Jahren wieder geschlossen werden konnte. Insofern glauben wir, dass es ganz in seinem Sinne ist, wenn dieser Gesprächskreis nun wieder eine rege Tätigkeit entfaltet hat.
Als Journalist und im besten Sinne «Allrounder» organisierte und moderierte Volker Eichstedt auch zahlreiche andere Veranstaltungen und publizierte auch zu anderen als zu bildungspolitischen Themen. Entsprechend der begrenzten Ressourcen und Möglichkeiten der Stiftung vor 1999 war diese Vielseitigkeit in thematischer Hinsicht, aber auch in der Übernahme aller organisatorischen Veranstaltungsaufgaben, notwendig. Eine Spezialisierung, wie sie die Stiftung heute, mit allen großen Vorteilen, aber auch gelegentlichen Nachteilen, vornehmen kann, war damals undenkbar. Und so moderierte Volker Eichstedt z.B. auch Veranstaltungen zur (immer noch emotional diskutierten) Frage von (Un-)Rechtsstaat, Recht und Unrecht im Rahmen der «Hellersdorfer Gespräche». Genauso beschrieb und kritisierte er später die Gefahren der Ökonomisierung der Bildungspolitik («Deutschland spart sich dumm»; «Bildung aus dem Warenkorb?», beide 2004). Diesem Thema der Ökonomisierung des Bildungswesens widmet sich auch eine aktuelle RLS-Studie, die aus dem erwähnten Gesprächskreis Bildungspolitik heraus initiiert wurde.
Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, viele ehrenamtlich Aktive haben in nunmehr annähernd 29 Jahren die Rosa-Luxemburg-Stiftung aufgebaut und geprägt. Nicht wenig von dem, was heute die Stiftung ausmacht, fußt auf der Arbeit in den ersten neun Jahren, in denen es dafür noch keine Bundesmittel gab, ebenso wie in den ersten Jahren dieser Förderung, als die Mittel noch gering und die Aussichten nach der Niederlage der PDS bei den Bundestagswahlen 2002 unsicher waren. Volker Eichstedt ist einer derjenigen, die zu den Grundlagen der heutigen RLS beigetragen haben.
Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Evelin Wittich Florian Weis