Nachricht | Netzwerk Paris – Abstraction-Création 1931–1937; München 2025

Eine Künstlergruppe zur Förderung der abstrakten Kunst

Information

Das Buch bietet eine «kurze Geschichte» der Künstlergruppe Abstraction-Création, die zwischen 1931 und 1937 in Paris wirkte. Diese war eine bedeutende Bewegung in der Entwicklung der abstrakten Kunst im 20. Jahrhundert, die prominentesten unter den ungefähr 50 festen Mitgliedern waren unter anderem das Ehepaar Arp, Robert Delaunay, Theo van Doesburg, László Moholy-Nagy, Piet Mondrian und Georges Vantongerloo. Die Publikation bietet im Katalogteil (Seiten 156-211) auf je einer Doppelseite pro KünstlerIn Abbildungen vieler Werke.

Die Publikation (und die Ausstellung) beleuchtet die Künstlergemeinschaft nicht nur als ein französisches Phänomen, sondern als internationales Netzwerk. Mitglieder wie Jean Hélion, Auguste Herbin und František Kupka, die aus verschiedenen Ländern kamen, trugen zu einer europäischen Ausstrahlung der Gruppe bei. Eine Stärke des Buches liegt in der Analyse der Spannungen innerhalb der Gruppe. Obwohl die Mitglieder eine ähnliche, abstrakte Kunstpraxis verfolgten, gab es keinen verbindlichen künstlerischen Stil, zahlreiche ideologische und ästhetische Differenzen und nicht zuletzt, so steht zu vermuten, auch persönliche Animositäten. Die Gruppe zerfiel vollends, als Vantongerloo die Leitung abgibt.

Schwerpunkte sind auch die Ausstellungs- und Publikationspraxis der Gruppe. Die regelmäßigen Ausstellungen, wie etwa die der Pariser Galerie Galerie Vavin-Raspail, wurden zu wichtigen Plattformen für die Präsentation abstrakter Kunst. Zudem spielte die von der Gruppe herausgegebene und in französisch erscheinende Zeitschrift Abstraction-Création bei der Verbreitung ihrer Ideen eine große Rolle (Digitalisate der Zeitschrift). Die in nur fünf Ausgaben 1932-1936 jährlich erscheinende Zeitschrift, die somit eher ein Jahrbuch war, fungierte nicht nur als theoretisches Diskussionsforum, sondern auch als verbindendes Element zwischen den KünstlerInnen und den internationalen Netzwerken, mit denen sie im Austausch standen .

Die Gruppe verstand sich als weiterer Nukleus, neben anderen avantgardistischen Bewegungen wie dem Surrealismus, der zu dieser Zeit ebenfalls einen starken Einfluss ausübte. Abstraction-Création unterschied sich von surrealistischen Strömungen vor allem in ihrem Fokus auf geometrische Abstraktion und durch ihre Ablehnung von figürlichen oder emotionalen Darstellungen. Diese klare Abgrenzung machte die Gruppe zu einer eigenständigen und bedeutenden Kraft innerhalb der europäischen Avantgarden. Die Ausführungen zur internationalen Vernetzung der Gruppe sind besonders wertvoll. Diese war nicht nur ein Pariser Phänomen, sondern pflegte Verbindungen zu KünstlerInnen in Belgien, Italien, Brasilien, den USA und anderen Ländern. Durch diese internationalen Beziehungen gelang es der Gruppe, ihre Ideen über Paris hinaus zu verbreiten. Die Gruppe stand im Dialog mit den Ausläufern des Dadaismus und Futurismus, was die Dynamik der künstlerischen Avantgarde dieser Jahre widerspiegelt. Sie stellte sich bewusst gegen die politischen und gesellschaftlichen Implikationen des Surrealismus, dessen Vertreter die Traumwelt und das Unterbewusste in den Mittelpunkt stellten. Abstraction-Création dagegen verfolgte einen klareren, strengeren Weg, der von einer rationalen und «mathematischen» Ästhetik geprägt war.

Die grobe Darstellung der politischen Rahmenbedingungen der 1930er Jahre ist Teil des Buches. Die zunehmende politische Bedrohung durch den Faschismus und Nationalsozialismus beeinflusste auch die Mitglieder von Abstraction-Création. Die Gruppe verstand ihre abstrakte Kunst als eine Form des Widerstandes gegen autoritäre Regime und als eine Möglichkeit, universelle Werte der Freiheit und Individualität zu bewahren. Netzwerk Paris – Abstraction-Création 1931–1937  ist eine fundierte Untersuchung der Geschichte einer einflussreichen Künstlergruppen des frühen 20. Jahrhunderts. Die Ausstellung im arp museum im Bahnhof Rolandseck (südlich von Bonn) ist noch 11. Januar 2026 geöffnet.

Astrid von Asten, Julia Wallner/Arp Museum Bahnhof Rolandseck (Hrsg.): Netzwerk Paris - Abstraction-Création 1931–1937; deutsch/englisch, Hirmer Verlag, München 2025, 240 Seiten, 189 Abbildungen, 38 Euro