Publikation Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Krieg / Frieden - Westasien im Fokus «Oh Gott!»

Weltweit eskaliert Gewalt und fast überall sind es religiöse Spaltungen, an denen die Konflikte ausgerichtet werden. LuXemburg 2/2014 zu politischer Religion.

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Erschienen

September 2014

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«Ich bin fest davon überzeugt,
dass der 11. September den ersten Bruch
mit diesem planetarischen System bedeutet.
Und das ist [...] ein wirkliches Paradox.
Wer oder was ist dafür verantwortlich?
Der Maoismus, der Marxismus,
das revolutionäre Proletariat,
die revolutionären Bauern?
Nein, es war die verdammte Religion –
die wir einfach vergessen hatten.»

(Stuart Hall in diesem Heft)

Es ist die Religion, die Menschen bewegt, Revolten befeuert und der Empörung über das wirkliche Elend eine Stimme gibt. Die Grenze zwischen Opium und Protestation ist nicht immer leicht zu ziehen. Und doch spielen auch auf der Seite der Emanzipation religiöse Kräfte eine Rolle: Papst Franziskus ist Teil einer neuen Kapitalismuskritik, die konziliaren Versammlungen bündeln globale Debatten um sozial-ökologische Transformation, und in den USA ist linke Gegenhegemonie ohne religiöse Komponente undenkbar.

Was hat die Renaissance der Religion in der organischen Krise zu bedeuten? Wie schreiben sich religiöse Bearbeitungen in post-neoliberale Verhältnisse ein? Von Hamas über Tea Party bis Hindutwa sind es religiöse Kräfte, die Alltagsfragen aufgreifen, Lücken sozialer Reproduktion stopfen und Gemeinsinn dort stiften, wo Konkurrenz und Individualisierung soziale Milieus zerstört haben. Wie gelingt es ihnen, das Leiden an der Welt in Worte zu fassen und doch so oft den Weg aus dem Jammertal zu verstellen? Und was bedeutet das für eine Linke, die Lebensweisen im Blick hat, die versucht, ihre Basis zu erweitern und Raum für neue Bündnisoptionen auszuloten – gerade angesichts erodierender Strukturen sozialer Daseinsvorsorge?

Inhalt:

SCHWERPUNKT: OH GOTT!

Glaube

Stuart Hall »Wiederkehr des Verdrängten«
Gespräch über globale Krise und Religion

Tadzio Müller Politische Religion als neue Avantgarde?
Warum abstrakte Religionskritik ins Leere läuft

Dick Boer und Bodo Ramelow Störfaktor der Ohnmacht
Gespräch über Linke und Religion

Brigitte Kahl und Jan Rehmann Messianische Solidarität
Warum Paulus für die Linke(n) von Bedeutung ist

Jörg Nowak Aufstand als Religion
Warum Badiou zu kurz springt

Burka Avenger Wie eine pakistanische Comic-Heldin die Geschlechterverhältnisse aufmischt

Opium

Malte Daniljuk Islamische Renaissance und arabische Linke
Warum es nach dem kurzen Frühling ein neues populares Projekt braucht

Ingar Solty Die Tea Party als Klassenprojekt
Wie die Evangelikalen in den USA die Subalternen einbinden

Interview Carsten Krinn: Modis Match
Warum sich die Hindunationalisten als Alternative präsentieren konnten

Mario Kikas Rollback in Kroatien
Wie die Kirche gegen gleichgeschlechtliche Ehen mobilisiert

Joanna Garcia Grenzner Kampf um die Körper
Wie Katholizismus und Austeritätspolitik die Demokratie aushebeln

Christoph Lammers Ziemlich falsche Freunde
Wie rechtsreligiöse Strömungen auch in Deutschland Fuß fassen

Widerstand

Philipp Geitzhaus und Michael Ramminger Christentum als Befreiungsbewegung
Warum es nicht reicht, die Religion als Verschleierung zu entdecken

Franz Segbers Seitenwechsel
Warum die Kirche auf Partnersuche ist

Interview mit Recep İhsan Eliaçık: »Die letzte Haltestelle vor dem Atheismus«
Gespräch über die Antikapitalistischen Muslime in der Türkei

Dieter Klein  Die Arbeitsgruppe

Fotostrecke Rojava – Demokratie unter Beschuss         

RUBRIKEN

Über Partei

Uwe Hirschfeld  Schwierigkeiten mit der Utopie

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Interview mit Axel Krumrey: »Überwindung von Ohnmacht«
Gespräch über Vorfeldarbeit im ländlichen Raum

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Stefanie Klee Sexarbeit ist Arbeit

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Rainer Rilling Pikettys Big Data
 

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