Nachricht | Geschichte - Deutsche / Europäische Geschichte - Parteien- / Bewegungsgeschichte - Erinnerungspolitik / Antifaschismus - GK Geschichte Heufelder: Der argentinische Krösus. Eine Wirtschaftsgeschichte der Frankfurter Schule, Berlin 2017

Information

Er war der Finanzier des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt/Main. Der 1898 geborene Felix Weil ist der Erbe des Weizenimperiums seines 1890 nach Argentinien ausgewanderten Vaters. 1907 wird er nach Deutschland geschickt, um dort in Frankfurt die Schule zu besuchen. Als junger Erwachsener begeistert er sich für die Arbeiterbewegung und den parteiunabhängigen Sozialismus.

Erazo Heufelder hat nun eine eindrückliche Biographie dieses Mäzens vorgelegt (Leseprobe als PDF) . Sie gründet sich auf Archivstudien und die unredigierten Lebenserinnerungen, die Weil selbst noch 1971 begonnen hatte. Das Buch berichtet, mit 444 Nachweisen versehen, von politischen und finanziellen Interna und Details des Instituts und der Frankfurter Universität, aber auch über Hintergründe der argentinischen Regierungspolitik oder der globalen Getreideproduktion. Es bietet ein eindrückliches Panorama jener Jahrzehnte: Weil unterstützt auch linke Kulturproduzenten, hat Kontakt zu Willi Münzenberg, zur Kommunistischen Internationale und zur Kommunistischen Partei Argentiniens, wie später zur US-Air Force, für die er im fortgeschrittenen Alter arbeitet.

Die finanziellen Verhältnisse werden ebenso ausführlich geschildert wie die familiären Verwicklungen der Weils und das u.a. von fünf Ehen geprägte Privatleben von Weil selbst. Erbstreitereien in Buenos Aires gefährden Mitte der 1930er Jahre fast die Existenz des Instituts. Der umtriebige Weil unterstützt das Institut über 25 Jahre. Selbst noch nach dessen Emigration in die USA, z.B. Anfang 1946 letztmals mit einer Summe, die heute 1,3 Millionen Dollar entsprechen würde. 1969 kehrt er ein letztes Mal nach Deutschland zurück und verstirbt 1975, zwei Jahre nach Horkheimer und fünf nach Pollock. Er hatte sein ganzes Vermögen aufgebraucht.

Jeanette Erazo Heufelder: Der argentinische Krösus. Eine Wirtschaftsgeschichte der Frankfurter Schule, Berenberg Verlag, Berlin 2017, 208 Seiten, 24 EUR