Nachricht | Casas: Mies van der Rohe. Ein visionärer Architekt; Hamburg 2019

Graphic Novel über Leben und Werk

Information

Der 1886 als Ludwig Mies geborene Mies van der Rohe gilt als einer der wichtigsten Architekt*innen des 20. Jahrhunderts; von 1930 bis 1933 ist der der dritte und letzte Direktor des bauhaus´. Dieses wandelt er in eine Architekturschule um und unterdrückt politische Ambitionen, vor allem der Studierenden, an der Einrichtung.

Mies van der Rohe gilt als Vertreter, wenn nicht Erfinder des «Minimalismus» («Weniger ist mehr»). Er entwirft Bauten wie den Deutschen Pavillon zur Weltausstellung 1929 in Barcelona, oder die Villa Tugendhatin Brünn für den gleichnamigen Industriellen. 30 Jahre später sind es Hochhäuser wie das Seagram Building in New York oder die 1968 eröffnete Neue Nationalgalerie in West-Berlin. Rohe profitiert wie viele seiner Kollegen von den bedeutenden technischen Neuerungen dieser Jahre. Stahl und damit Stahlbeton ermöglicht hohe und trotzdem filigrane Bauten in bisher unbekanntem Ausmaß, Glas erleichtert Transparenz. In den USA, in die er 1938 emigriert, kooperiert er mit dem früheren bauhaus-Dozenten Ludwig Hilberseimer (1885 - 1967) und dem früh verstorbenen Immobilien-Entwickler Herbert Greenwald (1915-1959).

Die politischen Rahmenbedingungen tangieren Rohe aber wenig. Er verlässt Deutschland nicht etwa, weil er Antifaschist ist, sondern weil er von den Nazis keine Aufträge erhält. Diese vergessen nicht, dass er 1926 in Berlin ein 1933 von den Nazis wieder zerstörtes Denkmal für die ermordeten Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg entworfen hat. Im August 1934 unterzeichnet er sogar den Aufruf der Kulturschaffenden zur Unterstützung Adolf Hitlers.

Die Graphic Novel erzählt in realistischem Strich, und zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und herspringend, das ehrgeizige und erfolgreiche Leben von Rohe. Die politischen Entwicklungen werden geschildert, stehen aber nicht im Vordergrund. Die Taz hat recht, wenn sie am 16.9.2019 über den Comic schreibt: «Ein pointierter Einblick in die Vita eines widersprüchlichen Genies.» Der Autor Ferrer Casas schreibt, es handle sich um eine fiktive Biographie, die aber sehr stark an das «reale Leben» angelehnt ist. Im Buch steht das unstete Privatleben von Rohe ebenso im Fokus wie sein öffentlich wahrnehmbares Schaffen, zumal dieses, etwa seine imposanten Bauten, in diesem Format schwerer darzustellen ist, als etwa private Gesprächssituationen. Rohe stirbt 1969 in Chicago.

Agustin Ferrer Casas: MIES – Mies van der Rohe. Ein visionärer Architekt; Carlsen Verlag Hamburg 2019, geb., 176 Seiten, 20 EUR