In den letzten Jahren wurden in Ausstellungen und (den dazugehörigen) Publikationen bisher eher verschwiegene und erst recht aus heutiger Sicht problematische Aspekte der Avantgarden und der Künstler*innen der klassischen Moderne untersucht und dokumentiert. Zu denken ist etwa an das individuelle und politische Verhalten im Nationalsozialismus. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Verhältnis dieser Kunstrichtungen zum Kolonialismus, bzw. die Frage, inwiefern sie selbst kolonialem Denken verhaftet waren und die Künstler*innen selbst kolonial und auch rassistisch dachten und schrieben.
Die hier vorliegende Publikation entstand ursprünglich in Zusammenarbeit zweier Museen in Amsterdam und Kopenhagen, denen sich später das Brücke-Museumin Berlin anschloss. Sie ist in deutsch und englisch parallel erschienen und will die Exotismen und Rassismen der Kolonialzeit des deutschen Kaiserreiches darstellen und untersuchen. Personeller Schwerpunkt sind Emil Nolde(1867–1956) und Ernst Ludwig Kirchner(1880–1938), zeitlich die Periode der zehn Jahre vor dem juristischen Ende der deutschen Kolonien, das mit 1918 angesetzt wird. Das Interesse an Exotik, am «Fremden» war im Kaiserreich allerdings schon ab ungefähr 1900 stark angestiegen.
Die Rezension ist zuerst in Expressionismus, Heft 14 erschienen und im PDF komplett zu lesen.
Dorthe Aagesen (Hrsg.): Kirchner und Nolde. Expressionismus Kolonialismus. Hirmer Verlag, München 2021, 256 S., 280 Farb-Abb., Paperback 39,90 EUR