Von ihr stammen sehr viele der heute bekannten, wenn nicht ikonischen Bilder, die es vom Dessauer Bauhaus gibt. 1921 heiraten László Moholy-Nagyund die bei Prag geborene Lucia Schulz. Sie arbeiten zusammen und beide interessieren sich früh und sehr für das Thema Fotografie. In der Phase ab 1923, die vom Anspruch "Kunst und Technik - eine neue Einheit" geprägt ist, wird Lucia Moholy (1894-1989) zu einer, wenn nicht der Bauhaus-Fotografin. Ihre Arbeiten zeigen z.B. die Meisterhäuser, prominente und weniger prominente Angehörige des Bauhauses, Arbeiten aus dem Vorkurs, oder den Rohbau des bekannten Gebäudes. Sie werden damals in Zeitschriften und Publikationen des Bauhaus, und in denen Dritter, verwendet und abgedruckt, und auch als Postkarten verkauft. Ab und zu wird sie als Urheberin genannt, oft geschieht dies nicht. 1929 trennen sich Moholy-Nagy und Lucia Moholy. 1930 bis 1933 arbeite sie als Leiterin der Fotografie-Abteilung an der Itten-Schulein Berlin.
1933 flieht Lucia Moholy, als Jüdin und Partnerin des KPD-Abgeordneten Theodor Neubauer(1890-1945) ins Exil. Ihre über 500 Glasplattennegative lässt sie zurück. Gropius nutzt diese weiter, verkauft Reproduktionsrechte - und belügt später, als er diese längst mit in die USA genommen hatte, Lucia Moholy sogar über den Verbleib der Negative. Gropius betrachtet diese sichtlich als sein Eigentum, ist auf ihnen doch durchweg «sein Bauhaus» abgebildet, und behauptet dreist die Negative seien bei einem Bombenangriff zerstört worden. Erst nach einem längeren Konflikt und Rechtsstreit bekommt Lucia Moholy sehr spät knapp die Hälfte zurück, 330 weitere sind verschwunden. Schon seit 1940 hatte sie da nicht mehr selbst fotografiert.
In einer kleinen, aber sehr feinen Ausstellung würdigt das Bröhan Museumin Berlin nun Leben und Werk von Lucia Moholy - und geht, wenn auch vorsichtig, auf die Entnennung von Lucia Moholy ein. Hauptthema der Ausstellung mit über 100 Fotografien sowie ausgewählten Objekten aus der Bauhaus-Zeit ist hingegen, wie Moholy das Bauhaus zeigt - und es damit durch ihren eigenen, konstruktivistischen Stil erst mit erschafft. Die ästhetische Vermarktung des Bauhaus wird durch ihr Können Teil der Moderne, Lucia Moholys Beitrag dazu ist heute allerdings kaum bekannt.
In der sehr ansprechenden Begleitpublikation sind noch mehr als die in der Ausstellung gezeigten Bilder enthalten. Diese bietet ferner einen einführenden Text zu Lucia Moholy und einen sehr lesenswerten von Robin Schuldenfreizur Bedeutung von Fotografien im Exil. Viele KünstlerInnen dokumentierten ihre zurückgelassenen oder gar zerstörten Werke über Fotografien. FotografInnen dagegen, deren Negative wegen Flucht und Verfolgung ihnen nicht zugänglich waren, waren weit schlechter gestellt. Umso kritikwürdiger ist das Verhalten von Gropius.
Das Bröhan-Museum hat einen Beitrag dazu geleistet, dass die Bedeutung von Lucia Moholy für die (Fotografie)-Kunst der Moderne nun etwas bekannter ist. Dafür gebührt ihm Dank.
Lucia Moholy – Das Bild der Moderne, noch bis 26. Februar 2023, Bröhan-Museum – Berliner Landesmuseum für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus, Schlossstraße 1a, 14059 Berlin
Tobias Hoffmann (Hg.): Lucia Moholy – Das Bild der Moderne; Wienand Verlag, Köln 2022, 176 Seiten, mit 150 farbigen und 30 s/w Abb., 30 Euro