Nachricht | Geschichte Willy Brandt und das Jahr 1972

Vom Umgang mit Ambivalenzen in der Geschichte

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Florian Weis,

Willy Brandt besucht 1987 Rosi Wolfstein-Frölich im Altersheim. Rechts im Bild Max Diamant. Alle drei waren zeitweise Mitglied der linkssozialistischen SAP (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschland).

Die vorgezogenen Bundestagswahlen vom 19. November 1972 waren nicht nur der politische Höhepunkt eines besonders turbulenten Jahres in der bundesrepublikanischen Geschichte, sondern können auch als Zenit der sozialliberalen Reformpolitik unter dem Bundeskanzler und SPD-Vorsitzendem Willy Brandt verstanden werden. Es ist ein Jahr, das als ein besonders zugespitztes, extremes, polarisiertes erschien, was vor allem an dem knapp gescheiterten Misstrauensvotum gegen Brandt und dem heftigen Streit um die »Ostverträge« festgemacht wird. Insofern ist eine gewisse Vorsicht angebracht, wenn die gegenwärtige deutsche Gesellschaft und Politik als einzigartig extrem und polarisiert beschrieben werden.

Höchste Wahlbeteiligung, größter SPD-Erfolg

Erstmals wird die SPD im November 1972 nicht nur die stärkste Partei, sondern stellt auch die stärkste Fraktion im Deutschen Bundestag. Das wird ihr in den folgenden fünf Jahrzehnten nur noch dreimal gelingen: 1998 mit Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine (40,9%), 2002 hauchdünn unter wiederum Gerhard Schröder (38,5%), schließlich 2021 mit Olaf Scholz, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans (25,7%). An die 45,8% vom November 1972[2] kommt die SPD freilich nie wieder heran.

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Der Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Sozialismus, Ausgabe Februar 2023.