Warum noch ein Sammelband zum Ersten Weltkrieg?
Gerade zum 100. Jahrestag des Kriegsbeginns konnte eine regelrechte Publikationsflut beobachtet werden. Zugleich entwickelte sich eine intensive Debatte in den Feuilletons – die nicht zuletzt zeigt, dass der Konflikt in der Öffentlichkeit wieder auf breiteres Interesse stößt. Und das nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Wir Herausgeber kamen aber auch zu der Erkenntnis, dass die Diskussion der letzten Jahre über den Krieg einige bedauerliche Leerstellen aufweist und problematische Interpretationen (wieder) in den Fokus rückt. Kurz gesagt, geht es uns um drei Aspekte: Wie sind die aktuellen erinnerungs- und geschichtspolitischen Deutungen einzuordnen? Welche Rolle spielten die militärischen Auseinandersetzungen und deren Interpretation für die Entwicklung der radikalen Rechten in der Zwischenkriegszeit? Und schließlich: Welche Haltungen nahmen die politische Linke und hier insbesondere die Arbeiterbewegung vor, während und nach dem Krieg ein?
Wir Herausgeber sind zudem der Auffassung, dass der Erste Weltkrieg nur mit einem breiten und internationalen Blick angemessen beschrieben und verstanden werden kann. Dazu gehören sehr unterschiedliche methodische Zugänge, etwa sozialpsychologische, kultur-, geschlechter- und erinnerungsgeschichtliche Perspektiven, aber auch geschichtspolitische Analysen sowie Forschungen zu Protesten und Arbeiterbewegung. Es mag ein Allgemeinplatz sein, dass ein Weltkrieg nicht aus einem rein nationalen Fokus heraus dargestellt werden kann. Dennoch ist erstaunlich, wie stark viele wissenschaftliche Debatten zum Thema noch immer länderspezifisch geführt werden. Man denke hier exemplarisch an die sehr disparaten Fragestellungen deutscher und französischer Historiker – Verantwortung für den Kriegsausbruch rechts des Rheins und «culture de guerre» (Kultur des Krieges) links davon. Es war uns deshalb ein wichtiges Anliegen, diesen «nationalen Tellerrand» in einem doppelten Sinn zu überwinden: Einerseits durch die Berücksichtigung von Themen aus verschiedenen kriegführenden Staaten und deren vergleichende Betrachtung sowie andererseits durch den Einbezug von Autoren unterschiedlicher Herkunft. Wir glauben, sagen zu können: Beides hat sich als überaus fruchtbar erwiesen. Es versteht sich dabei von selbst, dass ein Band wie der vorliegende keine umfassende oder gar abschließende Darstellung bieten kann. Wenn es uns aber gelingt, die wissenschaftlichen und geschichtspolitischen Debatten zu bereichern, hat er seinen Zweck erfüllt.
(aus dem Vorwort)
Das gesamte Buch im PDF.
Das gedruckte Buch ist beim Verlag Westfälisches Dampfboot erhältlich.
«Maschine zur Brutalisierung der Welt»
Der Erste Weltkrieg - Deutungen und Haltungen 1914 bis heute
Axel Weipert, Salvador Oberhaus, Detlef Nakath, Bernd Hüttner (Hrsg.)
ISBN: 978-3-89691-108-7
363 Seiten
Preis: 35,00 €
Erschienen: 2017