Publikation Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Globalisierung - International / Transnational - Amerikas Warum. Die Welt, die wir verändern wollen – über starke Ökonomie und starke Politik.

Beitrag zu den Thesen der Rosa-Luxemburg-Stiftung für das Seminar „Reform oder Revolution? Gesellschaftliche Konflikte, Konzepte, Akteure, Strategien des Kampfes gegen den Neoliberalismus“, Rio de Janeiro, Juni/Juli 2004

Information

Reihe

Online-Publ.

Autor

Rainer Rilling,

Erschienen

Juli 2004

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Beitrag zu den Thesen der Rosa-Luxemburg-Stiftung für das Seminar „Reform oder Revolution? Gesellschaftliche Konflikte, Konzepte, Akteure, Strategien des Kampfes gegen den Neoliberalismus“, Rio de Janeiro, Juni/Juli 2004

Bei diesen Texten handelt es sich um Arbeitsübersetzungen für den Seminargebrauch. In einer mehrsprachigen Buchpublikation, die weitere Texte umfassen wird und zum nächsten WSF in Porto Alegre vorgelegt wird, werden die Beiträge in ihrer Endfassung publiziert.Wir bitten darum, die Texte bis dahin nicht zu zitieren.

In welcher Zeit leben wir?  Es ist vor allem die Zeit der Übergänge und Transformationen in einer  Welt der neuen Diversität und Spielarten des Kapitalismus - die Zeit des le  capitalisme contre le capitalisme (Michel Albert) und die Welt der varieties of  capitalism (Peter Hall). Also eine Zeit der Krisen und Kämpfe um Entwicklungswege.  Ob diese Diversität freilich einen langen Atem hat und welche  Varianten sich erst bilden, ob die Kapitalismen letztlich konvergieren oder  zu hybriden Formen verwachsen - das ist offen. Erst recht, ob etwas und  was nach den Kapitalismen kommt und wer dorthin treibt. Welche Pfade  eingeschlagen werden, ist immer auch eine Frage der Politik.1 Vielleicht  wird es im Rückblick heißen: es war die Zeit, die eine Fülle neuer Versuche  der Arbeit an diesen Entwicklungspfaden und zugleich ganz neuartige  Ausbruchsversuche aus den Kapitalismen hervorbrachte. Oder: es war die  Zeit des Übergangs zu einem neuen hegemonialen kapitalistischen Muster,  wie es der Fordismus war. Vielfalt schließt ja eine hegemoniale Form nicht  aus.  Die hegemoniale Struktur dieser Zeit des Übergangs war und ist jedenfalls  der Neoliberalismus. Er allerdings steckt mittlerweile in einer doppelten Kalamität:  die Macht und Kraft seiner noch jüngst so festen ideologischen  Rechtfertigungen schwindet nicht nur in Lateinam erika, Europa oder auch,  auf andere Weise, in Rußland – auch, weil die Überzeugungskraft seiner  führenden rechtspopulistischen (Berlusconi, Haider) und sozialdemokratischen  Verfechter (Blair, Schröder) doch verliert. Und der Kampf zwischen  seinen Repräsentanten im kapitalistischen Zentrum um den Weg, den der  Neoliberalismus in Zukunft nehmen soll, ist voll entbrannt: der zentrale  gegenwärtige Konflikt ist, ob das Projekt eines neuimperialen Neoliberalismus  oder eines in sich widersprüchlichen neoliberalen Empire innerhalb dieser  Struktur dominant und – mehr noch - imstande sein wird, ein neues kapitalistisches  Muster global durchzusetzen. Sicherlich steht dabei auch die Frage,  ob ein solches Muster dann noch einem Ordnungsrahmen folgt, der  neoliberal genannt werden kann.