Publikation International / Transnational - Europa - Westeuropa Häufig gestellte Fragen zur Europäischen Union

Kleine kritische Institutionenkunde

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Reihe

Buch/ Broschur

Herausgeber*innen

Wenke Christoph, Anne Steckner,

Erschienen

Oktober 2023

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Häufig gestellte Fragen zur Europäischen Union

zweite, überarbeitete Auflage

Spätestens alle fünf Jahre, wenn die Wahlen zum Europäischen Parlament (EP) anstehen, aber auch bei Krisen und Auseinandersetzungen um die Zukunft der Europäischen Union (EU) diskutieren eine Menge «Expert*innen» – und viele von uns hören oft nur zu. Vom Binnenmarkt zum Stabilitätspakt, vom Green Deal über das Asylrecht bis zu den Europäischen Verträgen und ihrer (un-)möglichen Reformierbarkeit – viele sehen sich gar nicht in der Lage, an den Debatten teilzunehmen und selbst politisch mitzumischen. Diese Wahrnehmung ist nicht bloß mangelndem Wissen, Ohnmachtsgefühlen oder Verunsicherung geschuldet, sondern ein tatsächliches Problem: Die EU ist ein komplexes Gefüge von Institutionen, Verfahren und Verträgen. Zugleich gibt es zahlreiche Beispiele dafür, dass mächtige Player dieses Gefüge einfach umgehen und das undemokratische Gesicht der EU offen zutage tritt. Doch die Auswirkungen der EU-Politik auf das Leben der Unionsbürger*innen (sowie all derer, die keinen legalen Status in der EU haben) sind konkret und allerorten zu spüren. Nicht wenige Menschen wollen sich grenzübergreifend und von unten in europäische Politik einbringen. Und tun es bereits.

Es braucht Informationen zu den zentralen Organen der EU, ihren Funktionsweisen und den politischen Handlungsspielräumen.

Ohne sich über das Terrain der EU Illusionen zu machen, können klare Analysen und strategische Einschätzungen dabei helfen, dass Interessierte sich selbstbewusster und kenntnisreicher in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um ein anderes Europa einmischen – sei es in persönlichen Gesprächen, bei politischen Kampagnen oder in der Bildungsarbeit. Es braucht Informationen zu den zentralen Organen der EU, ihren Funktionsweisen und den politischen Handlungsspielräumen – es braucht eine kritische Institutionenkunde.

Die vorliegende Sammlung von «häufig gestellten Fragen zur EU» will genau das leisten. Es geht uns nicht um die x-te Darstellung, was welche Institution macht und wie die Gesetzgebung funktioniert. Als Grundlage ist das wichtig, aber bei Weitem nicht genug. Eine kritische Institutionenkunde muss auch danach fragen, wie die ökonomischen und ideologischen Grundlagen der europäischen Politik aussehen und ob bzw. wie sie verändert werden können – in den Parlamenten, auf den Straßen, in den Kommunen, in europäischen Bewegungen und Netzwerken.

Von der Eurokrise über die Corona-Pandemie, von den Fluchtbewegungen bis zu Klimakatastrophe und Ukrainekrieg – weltweit häufen sich die Krisen, und die EU steht als bedeutender Akteur mitten im Zentrum. Gleichzeitig hat sie mit ihren eigenen Krisen zu kämpfen. Großbritannien hat die Union bereits verlassen, radikale Rechte stellen die EU infrage. Einige europäische Regierungen lehnen die geltenden Schuldenregeln ab, dazu kommen die menschlichen Katastrophen an den Außengrenzen der EU – um nur einige Krisen zu nennen.

Angesichts dieser Entwicklung sind innerhalb linker Parteien und Bewegungen die Positionen zur EU oftmals umstritten: Sie reichen von der kompromisslosen Ablehnung der EU etwa aufgrund ihrer neoliberalen oder auch militaristischen Politik auf der einen bis zum kämpferischen Plädoyer für ein demokratisches, friedliches und soziales Europa auf der anderen Seite. Oft werden diese Auseinandersetzungen auf ein einfaches «für oder gegen den Austritt aus der EU» reduziert, manchmal gar auf ein «für oder gegen Europa». Das greift zu kurz. Stattdessen wollen wir mit dieser Institutionenkunde die Grenzen ebenso wie die Möglichkeiten für Veränderungen kritisch ausloten, nicht nur im Europäischen Parlament, sondern auch in Kampagnen und vor Ort. Thema der vorliegenden Broschüre ist also nicht das Agieren der EU in einzelnen Politikfeldern wie dem Klimaschutz, der Migration oder der geopolitischen Rivalität USA–China. Stattdessen wird untersucht, wer diese EU eigentlich ist, was ihren Charakter ausmacht, wie Linke in ihr und mit ihr umgehen – und umgehen könnten.

Wenke Christoph & Anne Steckner