Antworten auf die Krise des autoritären Neoliberalismus kommen derzeit von rechts. Politik ist zum Geschäft wortgewandter Expert*innen geworden und die Demokratie präsentiert sich als den Interessen und Begehren der Vielen entzogenes Management des Status quo. Angesichts der Vernageltheit der politischen Institutionen stellt sich die Frage nach linken Handlungsmöglichkeiten mit großer Dringlichkeit.
In dieser Konstellation haben sich soziale Kämpfe vielerorts auf die kommunale Ebene verlagert. Ihnen ist gemeinsam, dass sie um eine Basis der Organisierung im Alltag der Einzelnen ringen, um linke Politik durchsetzungsfähig zu machen. In den USA stellen lokale Bündnisse Stadträte und Bürgermeister. Sie streiten gegen Zwangsräumung, für eine lokale Anhebung des Mindestlohns oder einen kommunalen Personalausweis für Migrant*innen ohne Papiere. In Spanien haben Aktive aus der 15 M-Bewegung Bürgerplattformen gegründet. Im Bündnis mit oder unabhängig von linken Parteien konnten auch sie Rathäuser übernehmen und in vielen Städten (mit-)regieren. Teils sind die Erfolge noch überschaubar, aber: Sie stellen den korrupten Eliten veränderte Praxen entgegen – ein «Regieren von unten». Die Kommune – im emphatischen Sinne des Wortes – soll als Ort der Politik und Selbstorganisierung zurückgewonnen werden. Vorsichtige Versuche in diese Richtung gibt es auch hierzulande. Es gilt neue Formen zu entwickeln, um populare Politiken zu verbreitern und in unterschiedlichen Milieus der Subalternen zu verankern. Wie lassen sich die disparaten Teile der KLASSE VERBINDEN?
LuXemburg 2/2016 fragt nach den Chancen munizipalistischer Politik. Was können Plattformen erreichen, die Fragen des Links-Seins völlig anders stellen und Menschen einbinden, die mit «Politik» bisher nichts zu tun hatten? Wie lassen sich aus punktuellen Initiativen verbindende Praxen entwickeln, die nicht im Klein-Klein verbleiben, sondern im Stande sind, das globale Austeritätsregime in Frage zu stellen? Welche Rolle können linke Parteien darin spielen, welche die Gewerkschaften? Und wie müssen (auch linke) Institutionen umgebaut werden, um eine Teilhabe der Vielen zu ermöglichen und gleichzeitig strategische Entscheidungen treffen zu können?
Diese Ausgabe ist eine Koproduktion mit der US-amerikanischen Zeitschrift Jacobin.
INHALT
Verbinden
Occupy Machiavelli
Warum sich die Vielen auch mal einigen sollten
Von Mimmo Porcaro
Lost in the Crowd?
Gedanken zu Porcaros ›strategischer Partei‹
Von Mario Candeias
Verlockungen der sanften Austerität
Warum die Linke in Portugal die sozialdemokratische Regierung toleriert
Von Catarina Príncipe und Carlos Carujo
Jeremy Corbyn: Zurück in die Zukunft?
Wie die Chancen auf eine linke Erneuerung der Labour Party stehen
Von Hilary Wainwright
Goodbye Sanders?
Warum die ›politische Revolution‹ nicht am Ende ist
Von Ingar Solty
Luxemburg Online: Sanders und die Hegemoniekrise des Neoliberalismus (erscheint in Kürze)
Von Jan Rehmann
Verankern
Bildstrecke: Nuit debout! Aufrecht durch die Nacht!
Ein unmoralisches Angebot
Wie die Gewerkschaften mit der LINKEN in die Offensive kommen könnten
Von Bernd Riexinger
Selbstorganisierung jenseits der Plätze
Warum sich die Gewerkschaften mit den spanischen mareas so schwer tun
Von Nikolai Huke
Erneuerung durch Social Movement Unionism?
Warum neue Methoden allein die Gewerkschaften nicht auf die Beine bringen
Von Sam Gindin
Verbreitern
Europa der Kommunen
Wie wir zu einem neuen Munizipalismus kommen
Von Beppe Caccia
It’s the austerity, stupid!
Wie die Kommunen die europäische Krise ausbaden müssen
Von Felix Wiegand
Mehr als Helfen und Organisieren
Wie die Solidaritätsnetze in Griechenland materielle Macht aufbauen
Von Christos Giovanopoulos
Populare Macht und bolivarianische Revolution
Was wir von der partizipativen Demokratie in Venezuela lernen können
Von Andrés Antillano
Kontrovers: Rebellische Städte
Warum die kommunalen Regierungen in Spanien nicht vor Anpassungen gefeit sind und was sie dennoch erreicht haben
Raul Zelik vs. Hanno Bruchmann und Mario Candeias
Luxemburg Online: Auf dem Weg zu einem Europa der rebellischen Städte (erscheint in Kürze)
Von Kate Shea Baird
Luxemburg Online: Neue Klimapolitilk in Barcelona (erscheint in Kürze)
Von Amaranta Herrero
Vom kurzen Flirt zur langfristigen Beziehung
Warum die Linke in benachteiligten Stadtteilen (nicht) nur gewinnen kann
Von Miriam Pieschke
Wundermittel Volksentscheid?
Wo die Chancen und Grenzen für die mietenpolitische Bewegung liegen
Von Stephan Junker, Susanna Raab und Hannah Schurian
Das Rote Wien
Warum sich ein Ausflug in die Geschichte lohnt
Von Veronika Duma und Hanna Lichtenberger
Der Name der Zeit: Das neue Mittelalter
Von Kolja Möller
Ende Gelände im Gerechtigkeitsdilemma
Warum der Kohleausstieg nicht bis 2040 warten kann
Von Hannes Lindenberg und Tadzio Müller
Luxemburg Online: Brexit: Ist das ein OXI?
Von Moritz Warnke
Luxemburg Online: Brexit: Wenn du trauern musst, tu es jetzt
Von Owen Jones
Luxemburg Online: Der Putschversuch: »Dilettantisch« oder »für Erdoğan«
Von Murat Çakır
Nationale Versöhnung nach dem Putschversuch? (erscheint in Kürze)
Anne Steckner im Gespräch mit Axel Gehring und Murat Çakir
Lux&Beyond: Der Kampf um das neue Arbeitsgesetz in Frankreich
Von Thomas Sablowski
Ein Teil der Texte wird demnächst auch auf Englisch erscheinen.
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