Am Ende bloß ein Rassismuswechsel?

Mediale Klischees über Menschen schwarzer Hautfarbe unter die Lupe genommen

Münster (pd). Wo verschiedene Kulturen aufeinandertreffen, spielen immer auch Klischees vom jeweils Anderen eine Rolle. Von dieser These ausgehend, beleuchtete jetzt auf Einladung des Rosa-Luxemburg-Clubs Münster die Dortmunder Kommunikationswissenschaftlerin Lilian Grimm im Internationalen Zentrum „Die Brücke“ die Darstellung von Schwarzen in deutschen Medien. Dabei ließ die Wissenschaftlerin in ihrem Vortrag keinen Zweifel daran, dass bis heute Menschen mit schwarzer Hautfarbe zumal in elektronischen und in Printmedien einseitig präsentiert werden: wahlweise als immer und jederzeit lustige Unterhalter, als bloße Sportskanonen oder als Betroffene von Hungersnöten und anderen Katastrophen.

Mit einem Rekurs auf die Geschichte machte Grimm dabei deutlich, wie sehr die heutige, hiesige mediale Sicht auf Menschen schwarzer Hautfarbe im Klischeehaften stecken bleibt: „Zeugnisse aus dem alten Ägypten etwa beweisen den großen Einfluss Schwarzer auf die ägyptische Kultur. Texte Homers und anderer Autoren jener Zeit zeigen, dass die Antike einen vorurteilsfreien Blick auf Schwarze gepflegt hat. Und auch wenn im historischen Kontext des Christentums die Farbe Schwarz zu einer Farbe des Bösen und des Teufels stilisiert wurde, so gibt es unter den christlichen Heiligen doch beispielsweise auch den Hl. Benedikt von Palermo. Benedikt war ein Schwarzer – und anerkannt“, stellte Grimm in ihren historischen Ausführungen fest. „Erst mit der Zeit der Sklaverei wurde das Bemühen stärker, Schwarze als Minderwertige darzustellen, die nichts anderes verdient hätten als beispielsweise das Sklavenlos.“

Die Kommunikationswissenschaftlerin machte deutlich, dass die Pflege von Klischees als ein Mittel zur Selbstdefinition dienen kann. „Eigenschaften, die wir vielleicht gerne selbst hätten, aber an uns vermissen, projizieren wir auf andere Menschengruppen – zum Beispiel auf Schwarze.“ Allerdings, so ihre Warnung, werde man dem Anderen durch eine Reduzierung auf ein bestimmtes Klischee nicht gerecht. So würden in Medien zum Beispiel zwar immer wieder sportliche Leistungen von Schwarzen hervorgehoben – intellektuelle Leistungen fielen aber dagegen häufig unter den Tisch. Durchaus als Chance sah Grimm es in der sich an ihren Vortrag anschließenden Diskussion, dass mit dem Aufkommen der Rap-Musik schwarze Musiker zu Idolen auch weißer Jugendlicher werden. Als zwiespältig wertete sie dagegen das Verhalten der Werbeindustrie: „In der Werbung ist durchaus eine Abkehr von bloßen Klischees über Schwarze zu erkennen. Das ist positiv. Allerdings ist gleichzeitig festzustellen, dass stattdessen in der Werbung zu mehr Klischees über Asiaten gegriffen wird, um Effekte beim Betrachter und Zuschauer zu erzielen.“ Die Vermutung Grimms: „Anscheinend vollzieht sich hier lediglich ein Rassismuswechsel.“

André Hagel, freier Journalist Die Veranstaltung "Darstellung von Schwarzen in den Medien" fand am 27.10.05 in Kooperation mit dem Rosa-Luxemburg-Club Münster statt.