Martin Höpner schreibt: „Die (...) Europadebatten sind voller Tabus und Mythen. Vorsicht ist geboten, wenn man sich in diese Debatten begibt. Es ist herausfordernd, die sozialen Wirkungen der europäischen Integration klar zu benennen und sich damit in Widerspruch zum Mythos vom Sozialen Europa zu begeben. Am Ende steht man schnell ungewollt als EU-Gegner da. Ohne den Mythos vom Sozialen Europa kommt im sozialdemokratischen, (linken) und gewerkschaftlichen Spektrum kaum eine Rede zum Thema daher.
Das Soziale Europa kann empirisch oder prognostisch gemeint sein. Wahrscheinlich stimmen Sie mir zu, dass der Begriff als Zustandsbeschreibung der Europäischen Union nicht wirklich passt. Dafür ist in den vergangenen ein bis zwei Dekaden einfach zu viel passiert, von den Eingriffen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in das Streikrecht (die Fälle Viking und Laval) über die Unterwerfung der öffentlichen Infrastruktursektoren unter das europäische Wettbewerbsrecht bis hin zur sozialen Kahlschlagpolitik der Troika in Südeuropa. Die europäische Gleichstellungspolitik, oft und nicht zu Unrecht als Beispiel für eine sozial wünschenswerte EU-Politik genannt, kann das alles kaum aufwiegen. Ist das Soziale Europa im Entstehen begriffen?“ (1)
Diese und andere Fragen wollen wir diskutieren mit: Martin Höpner ist Politikwissenschaftler und leitet am Kölner Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung eine Forschungsgruppe zur Politischen Ökonomie der europäischen Integration. An der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln ist Höpner außerplanmäßiger Professor.
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