Der Umgang mit der Vergangenheit in Guatemala

Dirk Bornschein bilanziert die Vergangenheitsaufarbeitung in Guatemala. Etwa 200 Interviews, die er unter anderem mit Offizieren, Angehörigen der Guerilla und Staatsfunktionären geführt hat, erlaubten ihm einen tiefen Einblick in das politische Kalkül der Akteure.

10 Jahre ist es her, dass die Wahrheitskommission, CEH, in Guatemala eine Bilanz des sogenannten „bewaffneten internen Konflikts“ zog. Ausführlich führte sie Menschenrechtsverletzungen auf, so wie sie sich in dem 36 Jahre andauernden Konflikt zugetragen hatten, verteilte die Verantwortung zwischen
Militär und Guerilla und gab Empfehlungen zum Wie der demokratischen Transformation.
Im Februar 1999 waren denn auch die Erwartungen hoch, in Kürze würde alles zusammenbrechen und Repräsentanten des alten Militärregimes würden vor Gericht gestellt. Heute ist davon keine Rede mehr. Manchmal liest man von einzelnen Maßnahmen zur Vergangenheitsaufarbeitung, aber die exzessive Gewalt im Krieg hat die Eliten des Landes kaum geschädigt. Im Gegenteil sind die Probleme noch gewachsen. Aus dem Land des Staatsterrorismus wurde ein krimineller Gewaltstaat.
Hat es dem Land der Maya geschadet, dass die Vergangenheit kaum Thema wurde? Oder wurde – aus Sicht der Eliten – schon zu viel davon gesprochen?
Dirk Bornschein hat neun Jahre in Guatemala gelebt – als Journalist, politischer Berater und Politikwissenschaftler. Über 200 Interviews unter anderem mit Offizieren, Angehörigen der Guerilla und Staatsfunktionären erlaubten ihm einen tiefen Einblick in das politische Kalkül der Akteure.