Vierzig Jahre DDR und SED - Nichts als eine Kriminalgeschichte?

Warum eine Sozialismuskonzeption für das 21. Jahrhundert an den Erfahrungen der untergegangenen DDR nicht vorbeikommt.

Seit nunmehr 20 Jahren erschöpft sich die offizielle deutsche Geschichtsschreibung zum Thema DDR in einer generalisierenden Delegitimierung dieses untergegangenen anderen deutschen Staates. An einer produktiven Aufarbeitung der Fehler und Irrwege der Vergangenheit, an einer Bestandsaufnahme und Auswertung der positiven Ansätze und Entwicklungen haben naturgemäß vorwiegend die sozialistischen Kräfte ein Interesse. In den letzten 20 Jahren ist viel über die politischen und ökonomischen Ursachen des Scheiterns der DDR diskutiert worden. Es ist an der Zeit, aus der nunmehr gegebenen historischen Distanz eine Bilanz dieser Debatte zu ziehen. Sinn einer solchen Bilanz sollte es sein, das Problembewusstsein unter antikapitalistischen Linken in Bezug auf die Eckpunkte sozialistischer  Gesellschafts-, Staats-, Wirtschafts- und Demokratiegestaltung zu stärken und dabei nicht zuletzt den Blick für die Gefahr vermeidbarer Fehlentwicklungen zu schärfen. Auch diejenigen linken Kreise und Personen der ehemaligen West-BRD, die schon immer eine starke Distanz zu diesem „realsozialistischen“ Projekt hatten, kommen nicht umhin, bei der Neubestimmung von Identität und Programmatik der sozialistisch-kommunistischen Bewegung diese Erfahrungen eingehend zu berücksichtigen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die momentane bürgerliche Kampagne gegen den ehemaligen Ostblock erkennbar auch eine ideologische Funktion hat: Die derzeitige kapitalistische Krise und das Misstrauen gegenüber Kapitalismus und Kapitalherrschaft mögen die Menschen bloß nicht an eine sozialistische gesellschaftliche Alternative denken lassen.
Ekkehard Lieberam, Prof. Dr., Jg. 1937,  Sozialwissenaschaftler, arbeitete als Hochschullehrer für Staatstheorie und Verfassungsrecht  an der Akademie der Wissenschaften in Berlin und an der Karl-Marx-Universität in Leipzig, Mitglied im Marxistischen Forum der Partei „Die Linke“Letzte Veröffentlichung: Die dritte große Depression, edition ost , Berlin 2009