Publikation Erinnerungspolitik / Antifaschismus - Rassismus / Neonazismus - Kommunikation / Öffentlichkeit Mal nach den Rechten schauen

Neue Podcast-Folge zum Thema Schwangerschaftsabbruch anlässlich des Safe Abortion Days 2023

Information

Die Fragen nach der Rolle des Rechts im Nationalsozialismus und den personellen Kontinuitäten war lange Zeit eine unbeachtete Randnotiz.

Gerade im etablierten rechtswissenschaftlichen Diskurs treffe die Frage nach den Überbleibseln der NS-Diktatur in Recht und Gesellschaft auf erhebliche Vorbehalte und Schweigen, so die Podcast-Macher*innen, selbst praktizierende und angehende Jurist*innen.

Ihr Podcast «Mal nach den Rechten schauen» soll mit diesem Tabu brechen. Unterstützt wird der Podcast von der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW.

Wie wurden nationalsozialistische Rechtsvorstellungen implementiert? An welchen Stellen wird auch heute noch nationalsozialistisches und damit rassistisches, antisemitisches, sozialdarwinistisches Gedankengut im deutschen Rechtssystem konserviert?

Der Podcast möchte diese Fragen beantworten. Die Macher*innen widmen sich den Lücken in der Aufarbeitung des Nationalsozialismus und dem Umgang von Behörden und juristischen Fakultäten mit regimetreuen Jurist*innen.

Es geht um unseren Sprachgebrauch, feministische Perspektiven auf das Recht, die Biografien und Widerstandshandlungen antifaschistischer Jurist*innen damals und heute.

Ihr findet den Podcast überall, wo es Podcasts gibt.

Folgen
  • Folge 1: Jura umbenennen
    Otto Palandt war ein hochrangiger Nazi-Funktionär. Ab 1934 war er Leiter des Reichsprüfungsamtes und hat in dieser Funktion die juristische Ausbildung maßgeblich im Sinne des Nationalsozialismus verändert. Trotzdem wurde nach ihm der wichtigste Zivilrechtskommentar zum BGB aus dem Hause Beck benannt. Wie kann das sein?
  • Folge 2: Weggefallen
    Schlägt man den §175, welcher homosexuelle Handlungen von Männern unter Strafe stellte, im Strafgesetzbuch heute auf, findet sich dort nur noch ein einziges Wort: „weggefallen“, denn der Tatbestand wurde 1994 aufgehoben. Welche Geschichte hinter dem Wort „weggefallen“ steckt, wird in dieser Folge besprochen.
  • Folge 3: Widerstände
    Als jüdischer Sozialdemokrat wird Fritz Bauer von den Nationalsozialisten festgenommen und kann später ins Exil nach Dänemark entkommen. Er überlebt den Krieg und kehrt 1949 zurück nach Deutschland, wo er schließlich als Generalstaatsanwalt in Frankfurt die Auschwitz-Prozesse initialisiert. Mit seinem Einsatz für die rechtliche Aufklärung der NS-Verbrechen schreibt er Geschichte. Doch trotzdem ist er vielen Jurastudent*innen heute unbekannt.
  • Folge 4: Palandt umbenannt
    Nach fast 5 Jahren seit der Gründung der Intiative "Palandt umbennenen" kündigte der Beck Verlag nun an „Namen von Juristen, die in der NS-Zeit aktiv waren, werden auf den Titeln nicht beibehalten“.
  • Folge 5: Zivil(un)recht: Zivilrechtsprechung in der NS-Zeit
    In der fünften Folge des Podcast geht es um die Frage, wie anfällig Rechtsanwendung für Missbrauch und Vereinnahmung durch Ideologien ist. Anschauungsobjekt soll dabei das Zivilrecht in der Zeit des Nationalsozialismus sein. Diese Frage ist höchst aktuell. Zwar hat sich die Rechtsprechung nach 1945 gewandelt und orientiert sich heute am Verfassungsverständnis des Grundgesetzes. Hindert dies aber in jedem Fall eine Vereinnahmung durch bestimmte politische Ideologien? Wie kann die Ausbildung auf diese Herausforderungen reagieren? Kann Rechtsprechung überhaupt objektiv und neutral sein? Wie so oft erweist sich der Blick in die Vergangenheit als erkenntnisreich.
    Der Gast, Dr. Georg Falk, hat sich im Rahmen eines Forschungsprojekts näher mit der Rechtsprechung im OLG-Bezirk Frankfurt a.M. in der NS-Zeit befasst.
  • Folge 6: NS-Spurensuche in Köln
    Wusstet ihr, dass es Hakenkreuze am Kölner Dom gibt? Oder, dass ihr bei einem Besuch in der Messe Deutz auf Boden eines ehemaligen Konzentrationsaußenlagers steht? In dieser Folge geht es auf einen Stadtspaziergang durch Köln. An den verschiedenen Orten werden rechtliche Fragen aufgeworfen, die sich im Kontext ‚Erinnern an die NS-Zeit‘ stellen. Antworten geben unter anderem Matthias Deml, Kunsthistoriker und Pressesprecher der Kölner Dombauhütte, sowie Dr. Karola Fings, ehemalige stellvertretende Leiterin des NS-Dokumentationszentrums in Köln und tätig an der Forschungsstelle Antiziganismus an der Uni Heidelberg.
  • Folge 7: Antisemitismus und Recht
    Wie wirkt sich Antisemitismus für Juden und Jüdinnen aus? Wie reagiert das Recht auf Antisemitismus? Und kann mit Mitteln des Rechts Antisemitismus bekämpft werden?
    Im Gespräch mit der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus RIAS und Dr. Reut Yael Paz geht es um alltäglichen Antisemitismus, justizielles Versagen und die Frage, was sich aus der Geschichte lernen lässt.
  • Folge 8: Späte Gerechtigkeit? Das Stutthof-Verfahren am Landgericht Itzehoe

    Seit dem 19. Oktober 2021 läuft eines der voraussichtlich letzten Strafverfahren wegen NS-Verbrechen vor dem Landgericht Itzehoe. Der Vorwurf: Irmgard F. soll als erste Schreibkraft (sog. Stenotypistin) des Lagerkommandanten des Konzentrationslagers Stutthof Beihilfe zum Mord in mehr als 11.000 Fällen geleistet haben.
    «Mal nach den Rechten schauen» hat sich einen Tag der Hauptverhandlung angeschaut und mit verschiedenen Verfahrensbeteiligten gesprochen.
    Warum kommt es erst jetzt zu einer Anklage gegen Irmgard F. und was hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hiermit zu tun? Kann auch eine "bloße" Schreibtischtätigkeit den strafrechtlichen Vorwurf der Beihilfe zum systematischen Massenmord begründen? Inwiefern beeinflussen fortbestehende stereotype Rollenbilder unsere Auffassung davon, welche Rolle Frauen als Täterinnen im Nationalsozialismus gespielt haben?
    Diese Fragen werden auch im Gespräch mit Professor Nestler, emeritierter Strafrechtsprofessor und ehemaliger Nebenklagevertreter in NS-Verfahren, geklärt. Er erzählt von der Entwicklung strafrechtlicher (Nicht-)Aufarbeitung von NS-Verbrechen durch die Nachkriegsjustiz.

  • Folge 9: 100 Jahre Frauen in juristischen Berufen
    Im Jahr 2022 jährte sich die erste Zulassung von Frauen zu juristischen Berufen zum 100. Mal. Wie kam es dazu, dass Frauen aus juristischen Berufen verdrängt wurden? Was hat sich in den letzten 100 Jahren hinsichtlich der Stellung von Frauen im juristischen Bereich getan? Inwieweit hat der Nationalsozialismus geschlechterbezogene Diskriminierung in juristischen Berufen aufgegriffen und verstärkt? Welche antifeministischen Strukturen sind auch heute noch aktuell?
    Zu diesen Fragen sind im Interview Ulrike Schultz, Stefan Bajohr, Dana-Sophia Valentiner und Doris Dierbach zu hören.

  • Folge 10: Völkerrecht und Nationalsozialismus (I)
    In welchem Verhältnis stehen das Völkerrecht und Nationalsozialismus zueinander? Welche Völkerrechtler spielten im Nationalsozialismus eine Rolle? Welche Einfallstore für nationalsozialistisches Gedankengut gab es im Völkerrecht? Und wie ging es nach dem Nationalsozialismus damit weiter? Der weitverbreitete Irrglaube, dass das Völkerrecht „das Gute“ darstelle trügt, denn auch das NS-Regime bezog sich auf völkerrechtliche Argumente und Interpretationen.
    Eine Kollaborationsfolge mit dem Völkerrechtspodcast

  • Folge 11: Schwangerschaftsabbruch – Kontinuitäten der Beschränkung von Selbstbestimmung
    Anlässlich des Safe Abortion Days 2023 geht es in dieser Folge um die gesetzlichen Regelungen des Schwangerschaftsabbruchs in Geschichte und Gegenwart.
    Interviewgäste sind Valentina Chiofalo, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität Berlin und Mitglied beim Deutschen Juristinnen Bund, und die Ärztin Alicia Baier, Gründerin und Vorsitzende der Organisation Doctors for Choice Germany.
    Sie sprechen über die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und darüber, wie sich die Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs auf die medizinische Versorgungslage in Deutschland auswirkt und wie eine alternative Regelung aussehen könnte.

Weitere Infos unter https://www.malnachdenrechtenschauen.de