Die Krisen häufen sich: Finanzmarktkrisen, Klimakrise, Pandemie und abgerissene Lieferketten, Krieg und die sprunghafte Inflation bei Energie- und Lebensmittelpreisen. Die Regierung in Deutschland – und nicht nur hier – versucht, den Kapitalismus am Laufen zu halten, doch die Ungleichheit in der Gesellschaft wächst weiter: Energie- und Ölkonzerne, Lidl & Aldi, Amazon und einige Banken und Finanzdienstleister schöpfen sprunghaft gestiegene (Extra-)Profite ab.
Deutsche DAX-Unternehmen erzielten im Jahr 2022 Gewinne von rund 120 Milliarden Euro nach dem Rekord im Pandemiejahr 2021 von 129 Milliarden Euro. Das beschert auch den Aktionär*innen Spitzenwerte bei den ausgeschütteten Dividenden, im laufenden Jahr 2023 werden es schätzungsweise 55 bis 62 Milliarden Euro sein (Börsen-Zeitung v. 16.3.2023). Auch die Aktienrückkäufe erreichen immer neue Rekorde, um den Kurswert des jeweiligen Unternehmens zu steigern. Generell wächst der Reichtum der Superreichen auch in Deutschland immer schneller an.
Gleichzeitig weiß ein wachsender Teil der Bevölkerung, bis in die Mitte der Gesellschaft hinein, kaum oder nicht mehr, wie er bei dieser Preisentwicklung noch über die Runden kommen soll. Immer mehr Menschen sind von Armut betroffen. Und mehr und mehr zeigen mutig ihr Gesicht unter dem Hashtag #IchBinArmutsbetroffen. Die beschämende Debatte um das Bürgergeld und eine nur graduelle Abkehr von Hartz IV hat gezeigt, wie aus der Ungleichheit längst eine gesellschaftliche Spaltung mit harten Grenzziehungen nach «unten» geworden ist.
Die Bundesregierung federt Energiepreiskrise, sinkende Reallöhne, wachsende Angst vor Armut und Engpässe bei Unternehmen mit einem «Doppelwumms» von 200 Milliarden Euro ab. Zwar sind die Maßnahmen mit Blick auf Menschen mit geringem Einkommen wenig zielgerichtet und verteilen ohne ökologische Lenkungswirkung nach oben um, aber die Größenordnung wirkt erst einmal. Also sozialer Zusammenhalt und Profite gesichert! Aber, ist der Standort Deutschland stabil?
Zum Autor
Mario Candeias ist Direktor des Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung.